Auftanken ist für viele ein echtes Sommerthema. Zu einer gottesdienstlichen »Sommertankstelle« lädt das Team von »Laboratorium – gottesdienst anders« am Freitag um 19.30 Uhr in die Altenoyther Dreifaltigkeitskirche ein. Der Gottesdienst befasst sich nicht nur thematisch mit dem »Auftanken«, sondern lädt auch direkt zum Auftanken ein. Musikalisch wird Micha Keding seinen Beitrag leisten, dass sich dieses Gefühl einstellt. »Wir haben Micha Keding bei der Ökumenischen Landpartie in Bookholzberg erlebt und hoffen, dass am Freitag der Funke in Altenoythe genauso überspringt wie in Bookholzberg!«, so Pastoralreferent Martin Kröger.
Nachdem sich das Team im letzten Jahr auf einer Fortbildung mit dem »Bibliolog« befasst hat, wird Pfr. Ulrich Bahlmann diesen Ansatz erstmals in den Gottesdienst einbringen: »Der Bibliolog ist ein guter Weg, einen Zugang zu biblischen Texten zu bekommen und die Texte für heute zum Klingen zu bringen.«
Erfreulich ist der Rücklauf zur Aktion »Sommertankstelle«: Verschiedene Mails und eine ganze Reihe Karten sind bereits eingegangen, auf denen Menschen ihre ganz persönliche »Sommertankstelle« beschreiben. Ob diese persönlichen Sommertankstellen auch biblische Entsprechungen haben, wird man sehen ...
Im Anschluss an den Gottesdienst können die Gottesdienstteilnehmer bei Grillbratwurst und Getränken den Abend ausklingen lassen. Gabi Tepe: »Da sich schon einige Musiker angesagt haben, die in den zurückliegenden Jahren die Laboratoriumsgottesdienste gestaltet haben, könnte es tatsächlich ein ausklingender Abend werden.«
Sommertankstelle mit »Spirit«
Das Team des Laboratoriums startete seinen 3. Gottesdienst des Jahres mit einer Vorabfrage für Interessierte: „Was ist Ihre Sommertankstelle? Wo tanken Sie auf?“ Es traf damit das, was viele Menschen zurzeit intensiv beschäftigt: die Vorbereitung ihrer ersehnten Ferien- bzw. Urlaubszeit. Der Tank ist leer, das Tempo nicht mehr zu halten, der Motor ist heiß gelaufen und steht vor dem Kollaps, er muss dringend betankt werden.
Dieses Bild ist eine durchaus realistische Beschreibung für die Befindlichkeit von Menschen nach monatelanger Beanspruchung in den unterschiedlichen Aufgabenbereichen. So glich die Pinleiste in der Altenoyther Kirche mit den vielen Zuschriften fast einem Urlaubskatalog. Alle Rubriken waren vertreten: Orte der Ruhe und Stille, Gelegenheit zu Aktivität, Sport und Kultur, die mögliche Begegnung mit Menschen hier und in anderen Ländern. Man wünschte sich Zeit für die Familie und Freunde, für sich selbst. Favorisiert wurden Aufenthalte am Meer, in den Bergen, in Freizeitparadiesen, im eigenen Garten. Auch die Fortbewegung per Schiff, Auto, Bahn, Flugzeug, Rad, zu Fuß, in der Gruppe oder allein war als wichtiges Kriterium erkennbar. Der Ideenreichtum zur individuellen Gestaltung der persönlichen Auszeit beeindruckte. Alle Einsender verband offensichtlich der Wunsch nach einer Kraftquelle, die für den Alltag neu motiviert und andere Blickwinkel schafft.
Im Altarraum weckten ungewöhnliche Requisiten die Neugier der Besucher. Links befand sich eine Original-Tanksäule, der Tankwart wartete auf seiner Bank geduldig auf Kundschaft. Auf dem Altar lag zentral und richtungsgebend die aufgeschlagene Bibel, umrahmt von Kerzenlicht und reduzierten farbigen Lichtinstallationen im Hintergrund. Rechts stand eine Leinwand zur späteren Lichtbildschau bereit.
Die Sequenz zur Eröffnung des Gottesdienstes präsentierte drei ausgebrannte, urlaubsreife Menschen, die genervt sind, nie Zeit haben und schließlich die täglich geforderten Leistungen nicht mehr erbringen können, somit ohne »Spirit« sind. Stress dominiert – der Blick auf Gott ist verstellt. »Help me, lift him up« – Micha Keding lud zum Mitsingen ein.
Im Eingangsgebet heißt es: »Herr, da sind wir … Wir danken für das Leben.« Ein Bibliolog schloss sich an zur Schriftstelle Exodus 23,10-12: »Sabbatjahr und Sabbatfeier«. Moses erhält von Gott Anweisungen für das rechte Zusammenleben des Volkes Israel. Da heißt es: »Sechs Jahre bestelle das Land, im siebten lass es brach liegen.« Und eine weitere Anweisung lautet: «Sechs Tage arbeite, am siebten Tag sollst du ruhen.« – Die Anwesenden wurden eingeladen, sich die inhaltliche Aussage dieser Verse auf eine vielleicht ungewohnte Weise zu erschließen. Nicht nur das Hören war angesagt. Wer bereit dazu war, konnte sich in eine Gestalt oder einen Gegenstand der Geschichte hineinversetzen, deren Gedankengänge nachempfinden und sie für die Anwesenden formulieren. Die biblische Situation wurde für kurze Zeit real greifbar, man war vor Ort dabei. Die Antworten auf die gezielten Fragen des Bibliologen waren vielschichtig. Sie verdeutlichten schnell die Einsicht in die unumstrittene Notwendigkeit eines Wechsels von Arbeit und Ruhe im menschlichen Leben. Mensch und Natur brauchen Phasen zur Entspannung. Gott steht sie uns zu. Nur dann ist es möglich, wieder zu Atem zu kommen und nur dann entsteht Raum für ein soziales Miteinander, wie es im Schriftwort gesagt wird.
Der Bibeltext aus Exodus wurde abschließend ein zweites Mal im Zusammenhang vorgelesen. Die Zuhörer hatten sich durch die vorherige Erarbeitung einen besonderen Zugang dazu verschafft. Man verband das Schriftwort vielleicht mit seiner persönlichen Lebenssituation. Daraus resultierte die Frage: Woher beziehen wir Kraft und Energie? Wo ist unsere Tankstelle? Woher beziehen wir den richtigen Treibstoff für unser Leben? In einer eindrucksvollen Lichtbild-Präsentation wurden die postalischen Zusendungen der Besucher verschiedensten biblischen Textstellen gegenübergestellt, die einen inhaltlichen Bezug zwischen beiden zuließen.
Aus der Vielzahl sollen hier nur einige genannt sein. Die Verse der Psalmen 65,2 und 62,2 beschreiben die Wichtigkeit von Orten der Stille und des Lichts für uns Menschen. Psalm 133,1 passt zum Wunsch nach Frieden, Gemeinsamkeit und Begegnung. Der Evangelist Matthäus bezieht sich im Kapitel 14,23 auf das Gebet und fordert indirekt auf zur Entschleunigung. Jesaja-Worte passen zu Vorlieben wie Joggen und Schlafen. Man konnte erstaunt darüber sein, dass sich sogar passend zur Lieblingsbeschäftigung Handarbeit, Yoga und Gartenpflege eine passende Bibelstelle fand. Die Liste wurde fortgesetzt mit zutreffenden Schriftstellen aus den Evangelien nach Johannes und Lukas. Jedes Bibelzitat wurde in seiner Aussage unterstützt durch ein großes freundliches Sommerfoto.
Die Gedanken an bevorstehende Tage, frei von Arbeit, Stress und Zeitdruck bereiteten sichtlich Freude. Sehnsucht kam auf nach der geliebten persönlichen Kraftquelle, mächtig und verlangend wie es zum Beispiel Durst sein kann, den die etwas geschwätzige Frau auf der Bank neben dem Tankwart im Anspiel zur Lesung beschrieb. Sie litt an Durst nach … ?
Es folgte die Lesung nach Johannes 4,1-26: Das Gespräch am Jakobsbrunnen: Jesus sagt zur samaritischen Frau: »Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben. Vielmehr wird das Wasser, das ich ihm geben werde, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt«. Die Person Jesu, seine Worte berührten in der Spielszene die Frau auf der Bank neben dem stummen Tankwart. Nachdenklich ging sie davon und grübelte darüber nach wie es ist, eigenen Durst zu stillen, aber auch selbst Quelle zu sein für Andere.
Die Fürbitten fassten die Gedanken des Gottesdienstes zusammen und formten sie in Gebet und Bitte um. Wichtig ist noch eine Anmerkung zur musikalischen Gestaltung. „Music and worship“, (Musik und Lobpreis Gottes), lautete der Untertitel auf dem Werbeplakat zum Gottesdienst. Beides verband sich harmonisch zu einer beeindruckenden Feier. Einen wesentlichen Anteil daran trug der Gastmusiker Micha Keding aus Bremen. Micha Keding ist anerkannter Kirchenmusiker für Popularmusik und Gospel, Chorleiter, Komponist und Dozent. Er verstand es, mit mitreißenden deutschen und englischen Liedbeiträgen zum Mitsingen anzuspornen. Mehrmals motivierte der Gospelsound die Besucher zum spontanen Mitklatschen.
Wer weit reist, muss öfter tanken. Die erste Tankstelle auf dem Weg durch den Sommer 2015 war vielleicht für viele Besucher dieser Gottesdienst. Es gab neue Impulse für das Glaubensleben, Segen und Stärkung durch gemeinsames Gebet, Gesang und ermutigende Schriftworte. Man war sozusagen »Frisch betankt!«
Hildegard Hettwer